England: Graf Mülltonnengesicht will ins Londoner Rathaus

    Lokalwahlen in England:Graf Mülltonnengesicht mischt Wahl auf

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    Graf Mülltonnengesicht hat es auf das Londoner Rathaus abgesehen. Bei den Lokalwahlen tritt er gegen Sadiq Khan an. Er will zeigen, dass sich in England jeder wählen lassen kann.

    Count Binface ist Kandidat für die Wahl zum Bürgermeister von London
    Count Binface ist Kandidat für die Wahl zum Bürgermeister von London
    Quelle: dpa

    Lächerliches Aussehen, griffige Slogans und in jedem zweiten Satz ein Joke: Count Binface (etwa: Graf Mülltonnengesicht) ist ein selbst ernannter intergalaktischer Weltraumkrieger, der auch in diesem Jahr wieder bei Wahlen antritt:
    Wenn am 2. Mai in weiten Teilen von England und Wales Kommunalwahlen stattfinden, will er zum Bürgermeister von London gewählt werden.

    Verantwortliche sollen in verschmutzter Themse baden

    Er hat versprochen, die Verantwortlichen des Wasserversorgers Thames Water ein Bad im Wasser der von Fäkalien verseuchten Themse nehmen zu lassen, um "zu sehen, wie es ihnen gefällt" und kündigt an, den Preis von Croissants auf ein Pfund und zehn Pennys zu deckeln. Mit diesen und anderen Versprechen versucht er, Amtsinhaber Sadiq Khan von der Labour-Partei vom Thron zu stoßen, der bereits zum dritten Mal antritt.
    Boris Johnson am 06.07.2022 in London
    Knapp drei Jahre war er Premierminister Großbritanniens. Partygate, Spendenaffäre, seine Corona-Politik: Die Liste der Vorfälle auf dem Weg zu seinem Rücktritt auf Raten ist lang.07.07.2022 | 2:04 min
    Quatschkandidaten wie Count Binface alias Komiker Jon Harvey haben in Großbritannien Tradition. Als Boris Johnson 2019 seinen Sieg feierte, tummelten sich neben dem Weltraumkrieger noch ein Kandidat im Kostüm der Sesamstraßenfigur Elmo, ein Lord Buckethead (Lord Eimerkopf) und ein Yace Yogenstein, auch bekannt als Interplanetary Time Lord auf der Bühne. Die 1982 gegründete Official Monster Raving Loony Party tritt regelmäßig bei Wahlen an.

    Auf die Stimmen kommt es ihm nicht an

    Fragt man bei Harvey nach, warum er das macht, sagt er: "Es bringt mich zum Lachen und ich hoffe, dass es andere zum Lachen bringt." Inspirieren ließ er sich unter anderem von Star-Wars-Parodien und der Klamauk-Serie "Blackadder" mit Mr.-Bean-Darsteller Rowan Atkinson.
    Doch es geht ihm nicht darum, möglichst viele Stimmen zu bekommen, sagt Harvey im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London.

    Es geht einfach darum zu zeigen, dass jeder zur Wahl antreten kann, was in so vielen Ländern der Welt nicht möglich ist.

    Jon Harvey alias Lord Binface

    Die Wahlbehörden seien immer sehr entgegenkommend, lobt er. "Sie verstehen, worum es geht."

    Wahlsystem ohne Mitsprache der Bürger geändert

    Dass auch die Unterstützer von Count Binface durchaus eine ernsthafte Seite haben, bestätigt Politikprofessor Tony Travers von der London School of Economics. Die Binface-Wähler hätten das bisherige Wahlsystem sehr gut genutzt, bei dem sie zwei Präferenzen angeben konnten. Die erste Präferenz sei Binface gewesen.
    Weil der aber schnell aus dem Rennen war, wählten sie als zweite Präferenz einen der aussichtsreicheren Kandidaten, auf den die Stimme dann übertragen wurde. "Wir haben gerne ein bisschen Spaß, aber am Ende meinen wir es ernst", fasst Travers das Motto der Binface-Gemeinde zusammen.
    Das Wahlsystem wurde für die anstehende Wahl jedoch geändert, nun gewinnt der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen gewinnt und alle anderen verfallen. Dass diese Änderung von den beiden großen Parteien einfach durchgesetzt wurde, ohne die Wähler zu fragen, findet Harvey nicht in Ordnung.
    Viele Londoner seien sich wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass sie keine zwei Präferenzen mehr hätten. "Ich denke, wir sollten einfach ehrlich sein zu den Menschen", resümiert er.
    Lord Mülltonnengesichts Forderungen auf X
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    Binface bleibt stets bei der Wahrheit

    Harvey ist es wichtig zu betonen, dass Count Binface stets bei der Wahrheit bleibt. Als ihn ein Journalist der Zeitung "Independent" einmal fragte, ob er seine Forderung fair finde, das Wahlalter auf 16 zu senken, aber gleichzeitig ein Höchstalter von 80 einzuführen, antwortete Binface mit einem entschiedenen "Nein" - was den Reporter so aus dem Konzept brachte, dass er einige Momente brauchte, um wieder den Faden zu finden.
    Vor dem Spott des Count Binface ist niemand sicher, egal welcher Partei oder politischen Richtung er angehört. Das Beste, was Harvey über Amtsinhaber Khan sagen kann, ist: "Er ist sicher besser als sein Vorgänger." Er spielt damit auf Boris Johnson an. Auf die Frage, was er von Khans konservativer Herausforderin Susan Hall hält, fragt er nur zurück: "Wer?" und beginnt zu glucksen.
    Quelle: dpa

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