Panama Papers: Anklagen in der Steueroase

    Panama Papers:Anklagen in der Steueroase

    von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier
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    Acht Jahre nach den Panama-Papers-Veröffentlichungen wird in dem mittelamerikanischen Land Verantwortlichen der Prozess gemacht. Es geht um Geldwäsche - und auch um Deutschland.

    Skyline von Panama City
    Die Skyline von Panama-Stadt.
    Quelle: AFP/Luis Acosta

    Jürgen Mossack ist sichtlich genervt von der Aufmerksamkeit am Tribunal Superior de Liquidación de Causas Penales in Panama-Stadt und sichtlich gealtert seit April 2016, als er zuletzt im Fokus der Weltöffentlichkeit stand.
    Vor acht Jahren waren Recherchen zu den Panama Papers veröffentlicht worden. Regierungschefs mussten gehen, Prominente sich rechtfertigen, Kriminelle Strafverfolgung fürchten. Und im Mittelpunkt aller Veröffentlichungen stand die Kanzlei Mossack Fonseca, die der 1948 im bayerischen Fürth geborene Rechtsanwalt Jürgen Mossack gegründet hatte. Sein Geschäftsmodell: weltweit Briefkastenfirmen verkaufen und damit Anonymität garantieren für alle, die ihre Geschäfte lieber im Dunklen machen.

    Von der Veröffentlichung bis zum Prozess vergingen acht Jahre

    Doch es kam anders. Anwalt Mossack muss sich jetzt vor Gericht rechtfertigen. Seit Anfang April dieses Jahres läuft das öffentliche Verfahren gegen 29 Angeklagte. Außer Mossack finden sich auch sein langjähriger Kompagnon und Co-Gründer Ramón Fonseca Mora und 27 ehemalige Angestellte der Kanzlei auf der Anklagebank wieder. Die Staatsanwaltschaft fordert wegen Geldwäsche jeweils zwölf Jahre Haft für Mossack und Fonseca, deren Anwälte plädieren auf Freispruch. "Wenn es wahre Gerechtigkeit gibt, werden wir aus der Sache herauskommen", erklärte Mossack schon zu Beginn des Prozesses.
    Mossack Fonseca ist längst aufgelöst, ebenso ihre Dutzenden Filialen in aller Welt und Tausende jener berüchtigten Briefkastenfirmen, die aus Panama verwaltet wurden. Auch die Kunden der Kanzlei sind längst weitergezogen, genau wie die Angestellten. In etlichen Ländern wurden Gesetze verschärft, weltweit schätzungsweise rund zwei Milliarden Euro eingetrieben.

    Bei den sogenannten Panama Papers handelt es sich um interne Dokumente der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die der Süddeutschen Zeitung 2015 zugespielt wurden. Fast 400 Journalisten aus aller Welt haben die Unterlagen zusammen mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) ausgewertet und ihre Ergebnisse im April 2016 veröffentlicht. Die Recherche wurde unter anderem mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Im Sommer 2017 kaufte das Bundeskriminalamt die Panama Papers-Unterlagen von dem bis heute anonymen Whistleblower an und startete umfangreiche Ermittlungen.

    2020 stellten deutsche Behörden nicht nur internationale Haftbefehle auf Mossack und Fonseca aus, sondern auch auf einen Schweizer namens Christoph Zollinger. Zollinger war lange neben Mossack und Fonseca dritter Partner der Kanzlei, hat sich dann aber wieder in die Schweiz zurückgezogen. Im Juni 2023 wurde er in Abwesenheit vor dem Landgericht Köln angeklagt, das Hauptverfahren wurde bislang nicht eröffnet. Zollinger lässt die Vorwürfe über seinen Anwalt zurückweisen.

    Der Vorwurf in Deutschland: Gründung einer kriminellen Vereinigung

    Die deutschen Behörden werfen Mossack, Fonseca und Zollinger neben vielfacher Beihilfe zur Steuerhinterziehung auch die Gründung einer kriminellen Vereinigung vor. Die drei Männer sollen ihre Kanzlei genutzt haben, um kriminellen Anlegern beim Verstecken ihrer Gelder zu helfen und sich damit zu bereichern.
    Konkret geht es unter anderem um die Korruptionsaffäre bei Siemens, die 2007 aufgedeckt wurde. Der in München ansässige Weltkonzern hatte jahrelang über schwarze Kassen in zahlreichen Ländern Entscheidungsträger bestochen, um an Aufträge zu kommen.

    "Das Leak war die Gerechtigkeit, die ihnen widerfahren ist."

    Eine dieser schwarzen Kassen lag in einer Mossack-Fonseca-Briefkastenfirma, und aus dieser wiederum hatte sich ein damals hochrangiger Manager privat bedient. In Deutschland wurde gegen den Mann anschließend Strafbefehl erlassen: Er bekam ein Jahr auf Bewährung und musste mehr als zwei Millionen Euro zurückzahlen. Auch er ist nun in Panama einer der Angeklagten. Sein Fall gilt den Staatsanwälten als beispielhaft dafür, wie die Kanzlei Betrügern willig zur Seite stand.

    Zu den Kunden der panamaischen Skandal-Kanzlei zählten russische Oligarchen, chinesische Kader, venezolanische Funktionäre, Politiker und dubiose Geschäftsleute aus aller Welt - sowie vermutlich zehntausende Steuerbetrüger. Korrupte FIFA-Offizielle nutzten die von Mossack Fonseca angebotenen Briefkastenfirmen genauso wie Sergei Roldugin, einer der besten Freunde von Wladimir Putin - ein erfolgreicher und mittlerweile sanktionierter Geiger.

    Richterin Baloisa Marquínez schloss die Beweisaufnahme bereits am 19. April nach 85 Stunden Verhandlungen und mehr als zwei Dutzend Zeugenvernehmungen. Sie will nun innerhalb weniger Wochen die Urteile fällen.
    Der Whistleblower der Panama Papers erklärte ZDF frontal indes: "Es spielt für mich keine große Rolle, was irgendein Gericht in Panama entscheidet, Jürgen Mossack und Ramón Fonseca sind Kriminelle und werden als Kriminelle in Erinnerung bleiben. Das Leak war die Gerechtigkeit, die ihnen widerfahren ist."
    Ramon Fonseca wird den Ausgang des Verfahrens nicht mehr erleben, er verstarb plötzlich am vergangenen Mittwoch.

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